Zitat
Original von Kaddi:
Hallöchen nochmal!
Eigentlich ist das ja kein schönes Post, aber man kann sich ja trotzdem weiter unterhalten (die Gedanken sind ja frei). Darf ich Dich futurecharter fragen, was Du genau machst?
Darfst du. Also was ich mache:
im Moment Radio. Davor hab ich studiert und war 5 Jahre beim Musikfernsehen. Genug Infos?
Falls nicht, hier die extended version (80er Fans mögen sowas ja)
Warum mich das interessiert, dafür gibt es mehrere Gründe.
Damals bei meinem alten Arbeitgeber hatte ich mal Kontakt zu KP Schleinitz (ehemaliger Alphaville Manager).
Schien mir ein sympathischer Zeitgenosse zu sein. Jahre später gabs ja eine nicht wirklich freundschaftliche Trennung von Alphaville. Marian hat das ja mal angedeutet, dass da viel Mist passiert ist.
Und diese Konstellation: „Manager baut Mist, Künstler leidet darunter“ habe ich auch bei einer anderen, gar nicht so unbekannten Band miterlebt. Die hatten zwar keine so großen Hits wie alphaville, aber immerhin auch ein paar Major-Releases und Chartnotierungen.
In diesem Fall endete es sogar so, dass die Künstler Schulden hatten und daran heute noch abbezahlen. Da ich mit einem der Bandmitglieder versucht habe, ein musikalisches Projekt auf die Beine zu stellen, hab ich da leibhaftig mitbekommen, was es heisst, die künstlerische Freiheit mangels Kohle nicht zu haben. Und ich habe gesehen, wie ein beschissener Vertrag aussieht.
Noch ein anderes Beispiel:
1997 hab ich Camouflage interviewt, deren Album „Spice Crackers“ zuvor derbe gefloppt war.
Heiko und Marcus hatten keine Scheu darüber zu sprechen, dass es finanziell nach Flop der Platte und einem anderen missglückten Projekt in der Kasse ziemlich übel aussieht. Diese Offenheit fand ich sehr sympathisch. Und diese prekäre Finanzlage war mit ein Grund, die Band Camouflage erstmal auf Eis zu legen. Und knapp 3 Jahre lang passierte dann ja auch nicht viel, da die Band durch andere Jobs Geld verdienen musste. Heiko als Komponist für Werbemusik, Marcus bei Four Music. Also komme mir doch bitte keiner damit, dass die finanzielle Situation eines Künstlers unbedeutend für sein musikalisches Schaffen respektive für die Fans ist.
Hab ich durch solche Fragen den Respekt vor den Künstlern verloren? Wenn sie nicht drüber reden wollen, müssen sie mir das ja nicht beantworten. Aber ist doch vielleicht auch mal ganz toll, dem ein oder anderen Traumtänzer die Illusion zu nehmen, als Musiker wäre man steinreich und hat ein tolles Leben. Im Übrigen das Totschlag-Argument für die, die ausschließlich illegal Musik aus dem Netz laden. „Die haben doch genug Geld“ heisst es dann. Nur: die Zeiten sind offensichtlich vorbei.
Als Journalist (das ist momentan meine Berufsbezeichnung) ist es auch die Aufgabe, Fragen zu stellen, die nicht jeder stellt. Dazu gehören auch unangenehme Fragen. Das muss nicht heissen, dass man gleich auf BILD Niveau arbeitet. Die würden im Zweifelsfall auch nicht fragen, sondern sich einfach was ausdenken
Alphaville hatten das Privileg, in ganz anderen Zeiten richtig erfolgreich zu sein und haben Mitte der 80er eigener Aussage nach richtig gut verdient. Ich habe die Mini-Disc mit dem Interview leider irgendwann verschlampt. Aber ich kann aus der Erinnerung sagen, dass ich damals schon solche Fragen gestellt habe und Marian da sehr souverän drauf reagiert hat. Er sprach zum Beispiel über Auftritte, die sie in den 80ern abgesagt haben, obwohl es dafür Zigtausend D-Mark gegeben hätte. Einfach, weil sie kein Bock hatten.
Eine Entscheidung, die sie später wohl bereut haben.
Die Geldfrage habe ich damals auch gestellt, weil ich selbst Musik machen wollte und auch entsprechende Kontakte hatte. Wenn man gerade 20 ist und sich überlegt, seine Existenz vielleicht tatsächlich als Musiker aufbauen zu wollen, liegt so eine Frage nah. Mittlerweile sind aber knapp 10 Jahre vergangen, ich hab meine Ziele verlagert, und man kann das heute eh nicht mehr vergleichen. Aber das Interesse an solchen Dingen ist nach wie vor da.
Ihr könnt es jetzt glauben oder sein lassen: Marian war damals erfreut, dass sich da jemand mit der Alphaville Geschichte intensiv auseinander gesetzt hat und mal Fragen stellte, die im 0815-Interview normalerweise keinen Platz haben. Natürlich gings nicht nur um Geld, aber wie gesagt: die Reaktion auf das Thema war nicht halb so unverständig und angepisst, wie manche hier in diesem Forum damit umgehen.