Ich wurde von Jessi :i_roteshaar: genötigt, hier meinen Senf dazu zu geben. :a_augenruppel:
Punkt eins: In der heutigen Welt wird es immer schwieriger, richtig zu schreiben. Ich habe BEIDE Rechtschreibungen abbekommen, und obwohl ich mein Leben lang mit Begeisterung gelesen habe und die neuen Rechtschreibregeln mir damals überhaupt nicht schwer vorkamen, sitze ích heute oft genug (zu oft) vorm PC und überlege, ob ein Wort nun zusammen geschrieben wird oder nicht. Oder wie eine Wortneuschöpfung zu schreiben ist - zumal es, wenn ich es \"richtig\" mache, einfach doof aussieht, denn: Alle anderen machen\'s doch anders! :erschreck:
Das sind meine Probleme mit der Rechtschreibung.
Übrigens bin ich angehender Deutschlehrer. :k_mauer:
Punkt zwei: Goethe würde sich überhaupt nicht im Grabe umdrehen, wenn er uns hören würde - er hat ja selbst im Dialekt geschrieben (schonmal original Goethe gelesen? :g_nono: ) und sich außerdem noch mit Begeisterung mit anderen Dialekten auseinander gesetzt. Außerdem gibt\'s den Duden erst seit 1880. Goethe starb 1832. (Und nein, ich weiß so etwas nicht auswendig, das steht alles in der Wikipedia. :knie: )
Was ich aber eigentlich sagen wollte: Alles, was der Duden gebracht hat, war eine Leseerleichterung. :respekt: Die deutsche Sprache ist zum Lesen gemacht, nicht zum Schreiben: Schreiben ist so verdammt schwierig (ständig überlegen, ob man\'s groß oder klein schreibt, zusammen oder getrennt...), dass Kinder, die sich mit Stift und Papier rein theoretisch ausdrücken KÖNNTEN, praktisch einfach keine vernünftigen Sätze bilden können - sie schreiben\'s ja alles falsch! :sterne: Andersherum fällt das Lesen und Verstehen einfach leichter, wenn man beim Lesen sehen kann: Aha, das ist ein Substantiv, denn es ist groß geschrieben. :sonne:
Goethe hatte das noch nicht. In Göthes Geyste dränkte das verlangen nach guoter dütscher Rechtschreybung noch nicht - denn wie schon gesagt: Der Duden war nicht existent. :b_dance: Dementsprechend lange dauert es heute, original mittelhochdeutsche oder ältere neuhochdeutsche (etwa wie von Goethe) zu lesen, selbst wenn man die Sprachstufen kennt. Damals war Lesen viel anstrengender als heute...
Ich weiß, dass das kein Argument für irgendwas ist, aber: Ich find\'s interessant. Deutsch ist eine Lesesprache, keine Schreibsprache. Doch wir sind dabei, das zu ändern. :biggrin:
Denn jetzt komme ich zum Punkt drei: Sprachen verändern sich. :h_lach1: Ich glaube, Joker hat das angesprochen (du neigst übrigens dazu, genau das zu schreiben, was ich auch hätte sagen wollen :b_wink: ). Derzeit ist in Deutschland z.B. eine Angst vor langen Wörtern wahrzunehmen - besonders in der Werbung, die ja nun wirklich jede Regel mit Begeisterung bricht. (\"Frisch Käse\" und \"Leber Wurst\", \"Schuh Geschäft\", \" Paket Versand\"... und das sind eher schlechte Beispiele. :g_nono: ) Aber das ist nur ein Phänomen von vielen. Die Frage ist meiner Meinung nach weniger, OB es falsch ist, sondern viel eher, WAS wir damit machen. :d_gutefrage: Als mein Großvater noch klein war, hieß es immer \"die gesamte Klasse\". Eine \"ganze Klasse\" gab es nicht, denn das würde ja heißen, dass auch eine \"halbe Klasse\" möglich wäre. Aber \"halbieren\" heißt \"ein Ganzes durchtrennen\", und eine Klasse besteht schließlich aus vielen einzelnen Schülern, nicht aus einer einzigen zusammenhängenden Masse. Wir reden heute ohne zu zögern von ganzen und halben Klassen. So verändern sich die Sprachen. :a_augenruppel:
An dieser Stelle denke ich immer: Wenn kaum ein Deutscher noch in der Lage ist, \"dass\" und \"das\" auseinander zu halten - warum den Unterschied dann nicht einfach auflösen? :i_schwitz: :i_schwitz: :i_schwitz: Seit es den Duden gibt, steht fest, wie man schreibt. Aber vor dem Duden hat die Menschheit doch auch überlebt.
Mir persönlich tun viele der Posts hier im Forum weh, und zwar WIRKLICH weh, einfach, weil jedes dritte Wort falsch geschrieben wird, aber auch, weil grammatische Endungen nicht beherrscht werden. :a_traenenausbrech: (Von Ausdruck rede ich gar nicht - auch Wörter ändern sich, wurde ja auch schon gesagt. :b_wink: ) Aber warum stören mich diese Fehler dermaßen? Weil mir EINGEBLÄUT (vormals mit e) wurde, wie es auszusehen hat. Und Katrin? Du machst viele Fehler. :i_pc: Erkennst du Fehler bei anderen? Wenn ja, stören sie dich?? Ich denke nicht. So gesehen ist auch die Wahrnehmung von Fehlern rein subjektiv. :d_gutefrage:
Punkt vier: Was machen jetzt die Deutschlehrer? :d_gutefrage:
Erstens finde ich diese Beschwerden von den Deutschlehrern absolut berechtigt: Ja, Deutschlehrer haben mehr zu korrigieren als andere Lehrer - und zwar VIEL MEHR. :a_traenenausbrech: Ein Mathelehrer schreibt eine Klausur von zwei Stunden und braucht für die Korrektur einer Arbeit fünf Minuten. Ein Deutschlehrer schreibt eine Klausur von zwei Stunden und braucht für die Korrektur einer Arbeit zwanzig bis fünfzig Minuten. Mathe- und Deutschlehrer bekommen das gleiche Gehalt. Wo bleibt da die Gerechtigkeit? Natürlich, Deutschlehrer sind von vornherein Freaks, die haben sich den Beruf ja ausgewählt... :j_spiny: :j_munze: :j_spiny:
Die Grundsatzdiskussionen über schlechte Arbeitsbedingungen für Lehrer lass ich jetzt mal weg; Fakt ist, dass Deutschlehrer einen wahnsinnigen Aufwand betreiben müssen für Klassen, die immer größer werden. Es ist einfach nicht möglich, auf jeden einzelnen Schüler einzugehen. :erschreck: (Ich sprech da aus Erfahrung - mir tut\'s in der Seele weh, wenn ich sehe, dass der kleine Fünftklässler vor mir was falsch geschrieben hat, ich aber mit allen zusammen die Aufgabe besprechen muss - wohl wissend, dass der Kleine den Fehler selbst NICHT bemerken wird, genauso wie die anderen acht schwächeren Schüler in der Klasse. :a_traenenausbrech: )
Zweitens stumpfen Lehrer ab. :g_nono: Möge mir das nie passieren!! Wenn ich mir ansehe, was hier an meiner Uni alles Lehramt studiert, ist das aber auch kein Wunder: Viele wissen einfach nichts besseres, halten es für leichter, sehen höhere Jobchancen... So\'n Blödsinn! Trotzdem werden viele Leute Lehrer und ihres Lebens nicht froh. :g_nono:
Drittens: Was soll man Kindern eigentlich noch alles beibringen? :d_niemals: Also, \'tschuldigung, ich bin unbedingt für solide Grundkenntnisse in der deutschen Sprache (zu Deutsch: Lernt verdammt noch mal Lesen und Schreiben!!! :k_frust: ), aber wenn ich sehe, womit Kinderhirne heutzutage so vollgepumpt werden, wird mir schlecht. Zu gewissen Teilen ist das Problem eben auch der Lehrplan - die Zeit fehlt einfach.
Viertens: (Die Vier ist in China und Japan übrigens eine Unglückszahl, da sie fast wie \"Tod\" klingt...) Was machen eigentlich die Eltern? :d_gutefrage: Meine Eltern haben mir früher Geschichten vorgelesen und mich dadurch motiviert, selber zu lesen, weswegen ich dann immer gut bis sehr gut schreiben konnte. :h_lach1: Wenn Eltern a.) nicht (vor-)lesen und b.) selbst nie schreiben oder dem Kind sonstwie vermitteln, dass gutes Lesen und Schreiben wichtig sind, dann KANN das doch auch kein Kind vernünftig lernen. Das ist Kinderpsychologie. :knie:
So.
Genug Senf gegeben. Nur noch eine kurze Anmerkung: Nach deutschen Standards habe ich einen wahnsinnig großen Fehler begangen, indem ich die Abschnitte dieses Textes durch ganze Zeilen voneinander getrennt habe. (Von den Smileys ganz abgesehen...) Auch das ist eine neue Entwicklung, die sich in Aufsätzen bestimmt irgendwann mal durchsetzen wird. Heutzutage ist derart strukturiertes Schreiben noch nicht erlaubt. Aber: abwarten und Tee trinken... *schlürf* :sonne: